Im Rahmen eines Festaktes im Landratsamt wurde kürzlich der ehemalige leitende Beamte des Landratsamtes Lichtenfels, Wilhelm Aumer, aufgrund seines menschlichen Verhaltens während der NS-Zeit mit der Aufstellung einer Gedenktafel vor dem Landratsamt gewürdigt.
Landrat Christian Meißner erläuterte in seiner Ansprache, dass im Rahmen des P-Seminars des Meranier-Gymnasiums „13 jüdische Führerscheine – dreizehn jüdische Schicksale“ auch der Fokus auf Wilhelm Aumer gelegt wurde, der als leitender Beamter am Landratsamt Lichtenfels durch Einträge in Pässen von Juden deren Ausreise ermöglichte, obwohl er diese Einträge eigentlich nicht vornehmen durfte.
Er habe auch jüdische Familien gewarnt, was er noch viel weniger gedurft hätte. Er sei einer von wenigen gewesen, die in dieser dunklen Zeit der deutschen Geschichte Menschlichkeit gezeigt habe. Es habe aber auch Mut gebraucht. Wilhelm Aumer habe Courage bewiesen, insbesondere seinen jüdischen Mitmenschen gegenüber. Er hat ihnen in dieser dunklen Zeit ein Licht aufgezeigt hat.
Zur richtigen Zeit
Die Würdigung von Wilhelm Aumer komme zur richtigen Zeit, machte der Landrat deutlich. Mittlerweile würden wir mit einem etwas entfernten Blick auf die Zeit des Nationalsozialismus zurückschauen. Für viele jüngere Menschen sei diese Zeit so weit weg. Manche heutigen Denkweisen näherten sich sogar diesem dunklen Kapitel der deutschen Geschichte wieder an.
Gerade heute, wo wir den persönlichen Mut und die Menschlichkeit von Wilhelm Aumer in den Mittelpunkt stellen, sollten wir alle bestrebt sein, die Demokratie zu verteidigen.
Christian Meißner freute sich ganz besonders, dass mit Reinhard Aumer einer der acht Enkel von Wilhelm Aumer und mit Reinhard Aumers Cousine Brigitte Schwarz die jüngste Enkelin anwesend war. Er begrüßte auch herzlich Mo-Li Bamberger, die aus den USA angereist war. Sie ist die Schwiegertochter von Henriette Bamberger, die seinerzeit von Wilhelm Aumer gewarnt wurde, und dadurch noch rechtzeitig Deutschland verlassen konnte. Der Landrat bedankte sich bei Manfred Brösamle-Lambrecht und dem Bezirksheimatpfleger Prof Dr. Günter Dippold für die inhaltliche Darstellung der Tafel.
Reinhard Aumer stellte klar, dass er seinen Großvater nicht gekannt habe, weil dieser schon verstorben war, als er geboren wurde. Auch habe er von seiner Tätigkeit nichts gewusst. Er fand es lobenswert, dass es damals in Deutschland Menschen gab, denen das Schicksal gefährdeter Menschen nicht egal war, sondern die sich für sie einsetzten. Dass sein Großvater einer dieser Menschen war, mache ihn stolz, zumal sein damaliges Handeln nicht ungefährlich gewesen sei.
In einer bewegenden Rede auf Englisch stellte Mo-Li Bamberger, die für diesen Festakt extra aus den USA angereist ist, die Geschichte ihrer Schwiegermutter, Henriette Bamberger, dar. Sie schilderte sehr emotional, was die Einträge in den Pässen „Gilt auch für Frankreich und USA bzw. Nordamerika“ für die Flucht der Menschen bedeutete: das waren Sicherheit und Hoffnung. Denn die USA haben jährlich nur Visa für 27.000 Juden ausgestellt. Dies erfolgte durch monatliche Einreise-Quoten über eine Rangliste. Je nach Antragsdatum hat man dann sein Visum bekommen. Dies bedeutete aber gegebenenfalls auch eine lange Wartezeit. Um vor dem Nazi-Regime sicher zu sein, war es wichtig, dass eine Ausreise nach Frankreich, England, Türkei oder Kuba möglich war. Dies musste in den Pässen geschrieben stehen.
In diesen Ländern waren die Juden zunächst sicher und konnten so auf ihr Visum in die USA warten. Aus diesem Grund waren die Einträge, die Wilhelm Aumer in die Pässe vornahm so lebenswichtig für die Juden.
Bezirksheimatpfleger Prof. Dr. Günter Dippold ging zunächst kurz auf den Lebenslauf von Wilhelm Aumer ein, der 1883 in Regensburg geboren wurde und 1958 im Alter von 75 Jahren in Lichtenfels verstarb. Beruflich habe er eine klassische Beamtenlaufbahn durchlaufen, die von der Oberpfalz 1913 nach Lichtenfels führte, wo er bis Kriegsende tätig war. Im damaligen Bezirksamt, dem späteren Landratsamt, sei er einer der führenden Mitarbeiter in der Verwaltung gewesen.
Für das Gute eingestanden
Aufgrund seiner Parteizugehörigkeit sei Wilhelm Aumer, der mit einer Lichtenfelserin verheiratet war, zunächst entlassen und auf Drängen des damaligen Landrats Max Jüngling bis zu seinem Ruhestand wieder eingestellt worden. Wilhelm Aumer sei eine Person, die es verdient, dass man sich ihrer erinnert, meinte Prof. Dippold. Es habe aber noch andere Lichtenfelser gegeben, die für das Gute in einer bösen Zeit standen.
Es sei wichtig, solcher Menschen zu gedenken, nicht um sie als Helden auf einen Sockel zu heben, sondern sie als das zu sehen was sie waren, als Menschen. So wie es wichtig sei, Täter nicht als Dämonen darzustellen, sondern auch als Menschen, als Verführende, als Verführte, als Triebgesteuerte, als Opportunisten, aber letzten Endes als Menschen, denen man widerstehen konnte.
Personen wie Wilhelm Aumer hätten uns deutlich gemacht, dass es auch zwischen 1933 und 1945 Handlungsspielräume für anständige Menschen gab. Es habe durchaus die Möglichkeit gegeben, zu sagen irgendwann gehe ich nicht mehr weiter, irgendwann ist mir meine Menschlichkeit wichtiger als meine Karriere, ist mir Anstand wichtiger als Nachteile, die sich daraus ergeben könnten. Gedenken sei heute wichtiger denn je, da diejenigen, die die Zeit der NS-Diktatur relativieren, die, die sie gar gut heißen, immer mehr zu werden scheinen. Es sei wichtiger denn je, zu zeigen wie leicht nicht nur einzelne Menschen, sondern eine ganze Gesellschaft ins Unrecht abgleiten kann.
In vorbildlicher Weise
Deswegen sei es wichtig der Opfer zu gedenken. Dies geschehe in Lichtenfels in den letzten Jahren in einer vorbildlichen Weise, lobte Prof. Günter Dippold.
Schließlich trugen sich noch Reinhard Aumer, Mo-Li Bamberger und Brigitte Schwarz in das Goldene Buch des Landkreises ein. Zum Schluss enthüllten Landrat Christian Meißner, Mo-Li Bamberger, Reinhard Aumer und Brigitte Schwarz in Gegenwart des Lichtenfelser Bürgermeisters Andreas Hügerich und weiterer Ehrengäste die Gedenktafel für Wilhelm Aumer vor dem Landratsamt.
Autor: Dr. Alfred Thieret
Bilder: Dr. Alfred Thieret
Quelle: Obermain-Tagblatt vom 31. 07.2023
Das P-Seminar „13 Führerscheine. Dreizehn jüdische Schicksale“ des Meranier-Gymnasiums wurde am 9. November in der Münchener St-Markus-Kirche als einer von fünf Preisträgern mit dem renommierten Pechmann-Preis der Evangelisch-Lutherischen Kirche Bayern 2021 ausgezeichnet. Landtagspräsidentin Ilse Aigner und der Beauftragte für jüdisches Leben Dr. Ludwig Spaenle hielten Grußwörter, anwesend war auch der 1. Vizepräsident des Bayerischen Landtages und Direktor der Stiftung Bayerische Gedenkstätten Dr. Karl Freller.
„Kann und darf die Kirche schweigen? Nimmermehr!“
Mit diesen Worten setzte sich Wilhelm Freiherr von Pechmann (1859-1948), der erste gewählte Präsident der Evangelisch-Lutherischen Generalsynode in Bayern, zu seiner Zeit entschieden für die Menschen ein, die unter dem NS-Regime zu leiden hatten. Und getreu seinem Wahlspruch und Vermächtnis verleiht die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern den „Pechmann-Preis“. Er fördert herausragende wissenschaftliche Forschungsarbeiten und Leistungen in Bildungsarbeit und Publizistik, die sich mit der Zeit des Nationalsozialismus auseinandersetzen.
(www.pechmann-preis.de/preisverleihung)
„Opfer, das sind niemals Zahlen und Listen, sondern immer Individuen, unverwechselbare Menschen, die anderen Menschen das Liebste auf der Welt waren.“
Eingeführt von Regionalbischof Christian Kopp, hielt Christina Flauder aus Kulmbach, langjährige Landessynodalin und Jury-Mitglied, die Laudatio auf das Projekt. Sie hob die Wirkung des Seminars auf Menschen in aller Welt, aber auch in Lichtenfels selbst hervor. In ihrer Dankesrede betonte Francesca Schütz, wie die Beschäftigung mit den Biografien die Teilnehmer:innen des Seminars geprägt haben: „Opfer, das sind niemals Zahlen und Listen, sondern immer Individuen, unverwechselbare Menschen, die anderen Menschen das Liebste auf der Welt waren.“
Die gesamte Veranstaltung kann auf Youtube (Link) nachverfolgt werden (Suchbegriff „Pechmann-Preis“). Die Verleihung an das P-Seminar startet ab Minute 42.
Das jüdische Leben in Deutschland blickt auf eine 1700-jährige Geschichte zurück, die mit dem bundesweiten Festjahr 2021 „Jüdisches Leben in Deutschland“ begangen wird.
Der Sonntag der 17.10.2021 ist der jüdischen Geschichte der Stadt Lichtenfels gewidmet. An diesem Tag laden die Stadt Lichtenfels und die Veranstaltungsreihe „Guter Ort“ zu Begegnungen mit der jüdischen Geschichte Frankens ein.
Bereits um 9.30 Uhr wird mit der Enthüllung des neuen Straßenschildes „Sofie-Seliger-Weg“ (abgehend von der St.-Veit-Straße) den jüdischen Opfern nationalsozialistischer Gewalt während der Novemberpogrome 1938 gedacht. Der Urenkel und die Urenkelin von Sofie und Arnold Seliger werden als israelische Ehrengäste an der Zeremonie teilnehmen und anschließend die vor dem Haus Judengasse 14 verlegten Stolpersteine, die an Sofie und Arnold Seliger erinnern, besuchen.
Die jüdischen Friedhöfe sind Symbole der jüdischen Kultur Frankens, einer einstigen Kernregion jüdischen Lebens in Süddeutschland. Die Stadt Lichtenfels hat anlässlich des Jubiläums in Zusammenarbeit mit dem Landratsamt Lichtenfels Informationstafeln zur Geschichte der jüdischen Gemeinde und des jüdischen Friedhofs gestalten lassen, die um 13 Uhr vor dem jüdischen Friedhof enthüllt werden. Männer werden gebeten bei dieser Veranstaltung eine Kopfbedeckung zu tragen.
In der ab 15 Uhr beginnenden Kernveranstaltung erzählen renommierte Referenten von den unterschiedlichsten Facetten des jüdischen Lebens. Prof. Dr. Günter Dippold stellt „das Leben und die Verfolgung der Lichtenfelser Juden“ in den Mittelpunkt seines Vortrags Dr. Thomas Sparr, der Leiter des Jüdischen Verlags Berlin, erzählt von den berühmten jüdischen Schriftstellern Frankens. Eva Haller stellt das Lebenswerk des jüdischen Pädagogen Janus Korczak vor.
Für die passende Musik sorgt das speziell für diesen Tag gebildete Schüler- und Jugendorchester aus Lichtenfels.
Für die Teilnahme an der Kernveranstaltung können kostenfreie Karten per E-Mail bestellt werden unter: info@arche-musica.org
(Bitte geben Sie zu Ihrem Kartenwunsch Ihre E-Mail-Adresse, Ihren vollständigen Namen und vollständige Adresse an. Für den Zutritt zur Kernveranstaltung gilt die 3G-Regel.)
Um allen Besuchern einen direkten Kontakt mit jüdischer Kultur zu ermöglichen, findet im großen Zelt vor der Herzog Otto Mittelschule, bereits ab 13.30 Uhr, das Begegnungsforum statt, das zum gegenseitigen Kennenlernen einlädt. Dieses Begegnungsforum ermöglicht den aktiven Dialog der Besucher mit der jüdisch-deutschen Geschichte, historischen Vereinen, Bildungseinrichtungen und Projekten der Antisemitismusprävention. Der Bäckerfachverein 1955 Lichtenfels e. V. bietet vor Ort Gebäck nach traditionell jüdischen Rezepten zur Verkostung an.
Aktuelle Informationen unter: https://www.lichtenfels.de/guter-ort
Programmübersicht, Sonntag, 17. Oktober 2021:
- 9.30 Uhr: Enthüllung des neuen Straßenschildes „Sofie-Seliger-Weg“ (abgehend von der St.-Veit-Straße, 96215 Lichtenfels)
- 10.15 Uhr: Nachzeremonie an den für Sofie und Arnold Seliger verlegten Stolpersteinen, (Judengasse 14, 96215 Lichtenfels)
- 13.00 Uhr: Enthüllung der neuen Informationstafeln am jüdischen Friedhof (An der Friedenslinde, 96215 Lichtenfels)
- 13.30 Uhr bis 17.00 Uhr: Begegnungsforum (vor der Herzog-Otto-Mittelschule Lichtenfels, An der Friedenslinde 7, 96215 Lichtenfels)
- 15.00 Uhr: Beginn der Kernveranstaltung „Guter Ort“ (Herzog-Otto-Mittelschule Lichtenfels, An der Friedenslinde 7, 96215 Lichtenfels; Anmeldung erforderlich!)
- Ca. 16.30 Uhr: Führung zum jüdischen Friedhof (Treffpunkt: vor der Herzog-Otto-Mittelschule)
Bestellmöglichkeit kostenfreier Karten für die Kernveranstaltung um 15.00 Uhr unter:
info@arche-musica.org
Bitte geben Sie zu Ihrem Kartenwunsch Ihre Mailadresse, Ihren vollständigen Namen und vollständige Adresse ein – unvollständige Angaben können nicht bearbeitet werden. Darüber hinaus gilt für den Zutritt zur Kernveranstaltung die 3G-Regel: Eintritt nur für Geimpfte, Genesene und Getestete (Schnelltest max. 24 Std. alt oder PCR-Test max. 48 Std. alt).
Alle Kernveranstaltungen sind am Folgetag, ab 18 Uhr als Vimeo-Stream zu sehen. https://videos.arche-musica.org/
Informationen zur Veranstaltungsreihe unter https://arche-musica.org/guter-ort/
Bild der Stolpersteine © Stadt Lichtenfels
Landrat Christian Meißner, Studiendirektor a.D. Manfred Brösamle-Lambrecht und Bezirksheimatpfleger Prof. Dr. Günter Dippold freuen sich über die neue Homepage und das neue Corporate-Design, das auch auf Infotafeln künftig zu finden ist.
LICHTENFELS (01.10.2021). Im Jahr 2021 leben Jüdinnen und Juden nachweislich seit 1700 Jahren auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands – auch in Oberfranken und im Landkreis Lichtenfels sind diese Spuren sichtbar. Aus diesem bedeutenden Anlass hat der Landkreis Lichtenfels sich auf den Weg gemacht, das jüdische Leben am Obermain auf einer Homepage sichtbar zu machen. Mit dem Projekt „13 jüdische Führerscheine – Dreizehn jüdische Schicksale“, das als P-Seminar am Meranier-Gymnasium gestartet ist, ist ebenso vertreten, wie viele andere Publikationen zu diesem Thema. Neben der Homepage werden auch an bedeutenden Orten im Landkreis Info-Tafeln aufgestellt, die das Leben der Juden am Obermain veranschaulichen, wie beispielweise in Redwitz und in Lichtenfels. Auch in Lichtenfels, Redwitz oder Altenkunstadt finden Veranstaltungen statt, die das Leben und Wirken der Juden am Obermain in den Fokus rücken.
Die neue Homepage „Jüdisches Leben am Obermain“ wird fortlaufend ergänzt und mit mehr Inhalt gefüllt. Auch besteht die Möglichkeit, über ein Kontaktformular zusätzliche Infos zuzusenden.
Die Homepage ist erreichbar unter www.juden-am-obermain.de.
Der Wilhelm-Freiherr-von-Pechmann-Preis der Landessynode der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern geht in diesem Jahr an das Projekt „13 Führerscheine. Dreizehn jüdische Schicksale“ des Meranier-Gymnasiums.
Der Preis fördert die Auseinandersetzung mit der Zeit des Nationalsozialismus. Ausgezeichnet werden herausragende Leistungen in der historisch-wissenschaftlichen Forschung oder in Bildungsarbeit und Publizistik, vor allem zur damaligen Rolle von Kirche und Christentum. Außerdem können überzeugende Beispiele für Gemeinsinn und Zivilcourage in der Gegenwart ausgezeichnet werden.
„Der Preis wurde gestiftet zum Gedächtnis an Wilhelm Freiherr von Pechmann (1859-1948), den ersten gewählten Präsidenten der Landessynode der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern. Der Bankier bekleidete zahlreiche nationale und internationale Ehrenämter in der evangelischen Kirche und begleitete deren Weg durch die NS-Zeit kritisch. Der Preis würdigt seine besonderen Verdienste um Humanität und Recht, Christentum und Kirche sowie sein entschiedenes Eintreten für die Opfer von Rassismus und Antisemitismus.“
Die insgesamt fünf Preise werden am 9. November 2021 in der Münchner St.-Markus-Kirche verliehen. Die Zeremonie wird im Internet live gesendet, die Adresse wird hier bekannt gegeben werden.
(https://www.bayern-evangelisch.de/pressemitteilung-2-28-04-21.php)
US-Amerikanisches Team dokumentiert Recherchen des Projekt-Seminars am Meranier-Gymnasium Lichtenfels / Emmy-Preisträger Mark Raker macht Filmaufnahmen im Landkreis
LICHTENFELS (20.08.2021). „Wir sind enorm stolz auf diese jungen Leute aus unserem Landkreis, die mit ihrem P-Seminar „13 Führerscheine – Dreizehn jüdische Schicksale“ seit 2018 Unglaubliches bewegt haben. Dass über dieses mehrfach ausgezeichnete und international sehr beachtete Projekt nun ein Dokumentarfilm entsteht, ist eine herausragende Würdigung und freut uns ganz besonders“, betonte Landrat Christian Meißner anlässlich des Empfangs des Filmteams aus den Vereinigten Staaten und der Mit-Initiatorin Professorin Elisabeth Gareis, einer gebürtigen Lichtenfelserin, die seit 1994 in New York lebt und dort am Baruch College lehrt, im Landratsamt.
Ihr Ehemann, Ryoya Terao, wiederum ist Dokumentarfilmer und Associate Professor of Video Production am Department of Entertainment Technology am New York City College of Technology und Regisseur bei dem Projekt. Die Dreharbeiten begannen im Juni 2021 in New York, vom 30. Juli bis zum 8. August 2021 erfolgten sie im Landkreis Lichtenfels. Dazu kam mit Emmy-Preisträger Mark Raker ein Weltklasse-Kameramann von New York City nach Lichtenfels, um vor Ort die Aufnahmen zu machen.
Die Initiative zu dem Film ging vom Deutschen Generalkonsulat in New York aus, unterstützt von Lisa Salko, selbst eine Nachfahrin eines der einstigen Führerscheinbesitzer, Sigmund Marx. Auf ihr Engagement hin wurde und wird die Ausstellung „13 Führerscheine“ an vielen Orten in den USA präsentiert. Lisa Salko selbst hat dazu in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von Vorträgen gehalten und gibt weiterhin welche. Unter anderem war die Ausstellung im Museum of Jewish Heritage in New York City zu sehen.
Förderung durch Koinor-Horst-Müller-Stiftung
Im Rahmen der Dreharbeiten in Deutschland wurden die ehemaligen Schülerinnen und Schüler, ihr ehemaliger Seminarleiter, Studiendirektor a.D. Manfred Brösamle-Lambrecht, die Altenkunstadter Archivarin Inge Goebel (83 Jahre), und der Lichtenfelser Zeitzeuge Walter Maisel (93 Jahre) interviewt. Der Plan ist, einen kürzeren Film bis Ende 2021/Anfang 2022 fertigzustellen. Eine längere Version soll folgen. Weitere Aufnahmen sind im kommenden Jahr angedacht. Die Koinor-Horst-Müller-Stiftung wird das Projekt mit einem finanziellen Beitrag unterstützen, wie Michael Schulz vom Stiftungsrat beim Empfang im Landratsamt wissen ließ: „Mit dem Projekt ’13 Führerscheine‘ wurde etwas initiiert, was international in den Medien Beachtung fand. Dass dies nun zusätzlich mit einem Filmprojekt erweitert wird, freut uns sehr!“ Die Stiftung hat auch das P-Seminar und die Ausstellung gefördert.
Der Film dokumentiert Entstehung und Tragweite des P-Seminars „13 Führerscheine – Dreizehn jüdische Schicksale“ 2018/19 am Meranier-Gymnasium Lichtenfels (MGL). Es entstand auf Initiative von Landrat Christian Meißner nach einem Zufallsfund: Im Frühjahr 2017 war ein alter brauner Umschlag, der bei Aufräumarbeiten im Rahmen der Digitalisierung aufgetaucht war, auf dem Schreibtisch von Landrat Christian Meißner gelandet. Der Inhalt: 13 Führerscheine, die man dreizehn jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern des damaligen Bezirksamtes Lichtenfels 1938 abgenommen hatte – teils bei deren Emigration, teils im Zusammenhang mit den Novemberpogromen.
„Meine Idee war es, dass man diese Führerscheine nicht einfach dem Staatsarchiv zurückgibt, sondern dass wir junge Leute, Abiturienten, bitten, im Rahmen eines P-Seminars zu untersuchen: Wer waren denn eigentlich diese Menschen und welche Schicksale hatten sie?“, erläutert Landrat Christian Meißner. Sein Gedanke: „Wir müssen uns unserer Vergangenheit stellen und die Lokalgeschichte aufarbeiten.“
Botschaft der Hoffnung und Versöhnung
Der Film „13 Führerscheine“ dokumentiert die emotionale Reise der Schülerinnen und Schüler in ein dunkles Kapitel der Vergangenheit und was ihre Recherchen bewegten und bewegen: „Die Botschaft, die das einzigartige Lichtenfelser Führerscheine-Projekt verkörpert und die der Film verbreiten will, ist die der Hoffnung und Versöhnung“, betonten Professor Elisabeth Gareis und Regisseur Ryoya Terao beim Empfang im Landratsamt.
„Die Interviews mit den Schülerinnen und Schülern sowie mit Herrn Brösamle-Lambrecht machen deutlich, welch enorme Tragweite die Entscheidung von Landrat Meißner im Jahr 2017 und seine Unterstützung des Projekts haben“, so Elisabeth Gareis. Niemand habe bis dato in Deutschland eine solche Recherche gemacht. Beeindruckend sei für sie gewesen, dass die jungen Leute auch heute, zwei Jahre nach ihrem Abitur, durch das Projekt noch immer eng miteinander verbunden und enorm engagiert seien.
Die Professorin hat „große Hoffnung, dass die Filme diese Geschichte über das Schicksal jüdischer Mitbürgerinnen und Mitbürger während des NS-Regimes in alle Welt verbreiten und ein Beispiel setzen, nicht nur wie man furchtbare Ereignisse in der Geschichte aufarbeiten sollte, sondern auch, wie man durch das Nacherleben von Einzelschicksalen in der Vergangenheit zu tieferer Empathie in der Gegenwart kommen kann und durch persönliche Begegnungen zwischen jüdischen und nicht-jüdischen Nachfahren und Zeitgenossen zu einem Erlebnis der Versöhnung. Die Filme sollen inspirieren, Vergangenheitsbewältigung kreativ anzugehen, Wunden zu heilen und wach und verantwortlich Gegenwart und Zukunft zu gestalten.“
Außergewöhnliche Spurensuche
Landrat Christian Meißner betont: „Was aus den Recherchen der Schülerinnen und Schüler des P-Seminars geworden ist, ist einfach großartig: eine einzigartige Ausstellung, die diese 13 Leben und ihre zum Teil äußerst tragischen Wege dokumentiert. Die jungen Leute haben es geschafft, 80 Jahre später den Namen der Führerscheininhaber jeweils ein Gesicht zurückgegeben. Sie fanden Nachfahren auf verschiedenen Kontinenten und holten diese nach Lichtenfels. Diese außergewöhnliche Spurensuche habe den Weg für eine Aussöhnung bereitet und dafür, um Verzeihung für das Geschehene zu bitten. Dass aus den Begegnungen enge Freundschaften entstanden sind, ist einfach wundervoll!“
Die Ausstellung war am 5. November 2018 eröffnet worden und deutschland- und weltweit an verschiedenen Orten zu sehen. Das P-Seminar fand international große Beachtung und wurde ausgezeichnet mit dem P-Seminar-Preis 2019 des Ministerialbeauftragten für die Gymnasien Oberfrankens und des Bayerischen Ministeriums für Unterricht und Kultus, mit dem BCJ.Bayern-Studienpreis (Verein zur Förderung des christlich-jüdischen Gesprächs in der ELKB (BCJ.Bayern), 1. Platz in der Kategorie Schulen/P-Seminare) und war Preisträger des Wettbewerbs „Aktiv für Demokratie und Toleranz“ 2019 des BfDT (Bündnis für Demokratie und Toleranz, gegen Extremismus und Gewalt) der Bundeszentrale für Politische Bildung.
Hintergrund:
Über das Filmprojekt „13 Führerscheine“ – Autorinnen: Prof. Elisabeth Gareis; Lisa Salko
„Als 2017 im Landratsamt 13 Führerscheine entdeckt wurden, die 1938 von jüdischen Führerscheinhaltern konfisziert wurden, und als dann Landrat Meißner anregte, dass Schüler des Gymnasiums unter Leitung ihrer Geschichtslehrers Herrn Studiendirektor Brösamle-Lambrecht die Schicksale dieser Führerscheinhalter zu erforschen, wusste niemand, welche Kreise diese inspirierte Entscheidung ziehen sollte. Nicht nur fanden die Schüler nach langer Recherche die Nachfahren der acht überlebenden Führerscheinhalter, einige der Nachfahren reisten 2018 sogar aus Argentinien und den USA nach Lichtenfels, um die Führerscheine zurückzuerhalten. Mittlerweile haben Schüler und Nachfahren Freundschaften geschlossen, die Zeugnis dafür sind, dass man durch Erkundung und Reflexion über Einzelschicksale nicht nur einen tiefen Einblick in die Geschichte bekommen, sondern auch das vielleicht höchste Gut erreichen kann, das nach einer furchtbaren Vergangenheit möglich ist: Versöhnung. Die Geschichte der 13 Führerscheine ist eine Geschichte über verantwortungsvolle Vergangenheitsbewältigung, über die menschliche Verbindung und über die Hoffnung.
Lisa Salko, die Enkelin von Sigmund Marx (der in den 1930er Jahren in Lichtenfels mit seinem Bruder ein für Metzgereibedarf und einen Handel mit Fellen udn Häuten führte) war von ihrem Besuch in Lichtenfels und der Begegnung mit Landrat Meißner, Studiendirektor Brösamle-Lambrecht, den Schülern und anderen Lichtenfelsern so tief bewegt, dass sie zurück in New York entschloss, die bemerkenswerte Geschichte im großen Rahmen zu erzählen. Sie trat mit dem Holocaust & Human Rights Education Center in White Plains, NY, in Kontakt, dessen Mission es ist, das Lehren zum Holocaust und das Recht der Menschen auf würdevolle und respektvolle Behandlung zu verbessern. Sie ist auch stolzes Mitglied des Generations-Forward Programms, das Kinder und Enkel von Holocaust-Überlebenden umfasst. Als „Erinnerungswärter“ teilt sie jetzt die Geschichte ihrer Familie, die sie, da ihr Großvater nichts aus der vergangenen Zeit erzählte, erst durch das 13-Führerscheine-Projekt kennenlernte, und ihre positiven Erfahrungen in Lichtenfels durch Vorträge in Synagogen und Bildungseinrichtungen in den USA mit.
So hatte Lisa auch die große Ehre, ihren Vortrag im Februar 2020 im Museum of Jewish Heritage in New York City zu präsentieren. Das Museum ist ein lebendiges Denkmal für diejenigen, die im Holocaust umgekommen sind. Die Veranstaltung im Museum wurde vom Deutschen Generalkonsulat New York gesponsert. Anwesend waren Generalkonsul David Gill und Konsul Heiko Schwarz, Leiter der Politischen Abteilung. Nachdem sie den Vortrag gehört hatten, waren sie sehr bewegt von Lisas Geschichte und der unglaublichen Arbeit, die in Lichtenfels im Namen der Erinnerung geleistet wird. Kurz danach wandten sich Konsul Schwarz, zusammen mit Konsul Christian Resing (Presse und Public Affairs), an Lisa mit dem Vorschlag, ein Video zu erstellen, das über die Website des Konsulats und über ihre Social-Media-Plattformen in ihr öffentliches Diplomatieprogramm aufgenommen werden würde.
Die früheren Schüler und ihr Lehrer, die der Fokus des Videos sein sollten, sagten enthuasiastisch zu. Nachdem Lisa wusste, dass die früheren Schüler bereit waren, mitzumachen, musste sie einen Weg finden, dieses Projekt von Lichtenfels aus zu managen. Die Hindernisse waren zunächst entmutigend: zwei Kontinente, ein Zeitunterschied von sechs Stunden, die Pandemie und ein weltweiter Lockdown. Sie brauchte jemand, der Lichtenfels und die Geschichte gut kannte und Zugang zur Filmbranche hatte.
Wie so oft im Leben dieses Projekts zeichnete sich, wie durch Zufall, eine Lösung ab. Elisabeth Gareis, eine gebürtige Lichtenfelserin, die als Professorin am Baruch College (City University of New York) tätig ist und dort interkulturelle Kommunikation unterrichtet, hatte einen von Lisas Vorträgen im Herbst 2019 besucht und sich Lisa vorgestellt. Fasziniert und tief berührt vom Thema kam sie danach noch auf zwei weitere Vorträge mit Freunden und Kollegen. Lisa und Elisabeth wurden schnell Freunde.
Elisabeth und ihr Mann, Ryoya Terao (ein Dokumentarfilmer und Associate Professor of Video Production am Department of Entertainment Technology am New York City College of Technology) waren seit Juni 2020 in Lichtenfels um sich um Elisabeths betagte Mutter zu kümmern. Die Pandemie erlaubte es ihnen, online zu unterrichten. Auf Elisabeth und ihren Mann zuzugehen, fühlte sich für Lisa perfekt an. Ohne zu zögern sagten beide begeistert zu. Zusammen mit Lisa begannen sie mit dem Aufbau eines Produktionsteams. Ryoya würde als Regisseur für das Video dienen und Elisabeth als Associate Producer. Dazu kam Vinit Parmar (ein Filmpartner von Ryoya Terao und Associate Professor of Film am Brooklyn College, derzeit in Berlin ansässig) als Produzent. Lisa fungiert als Consultant.
Nach unzähligen Zoom-Meetings untereinander und mit den Konsulen Schwarz und Resing nahm das Videoprojekt Gestalt an und wurde „zum Leben erweckt“. Das Team entwickelte Themen und Fragen, die mit den früheren Schülern und ihrem Lehrer abgedeckt werden sollten, und bereitete sich auf die Dreharbeiten vor.
Sechs kurze Monate später begannen die Dreharbeiten im Juni 2021 in New York, wo Lisa Salko (Enkelin von Sigmund Marx), Inge Stanton, 91 (Tochter von Sigmunds Bruder Alfred Marx) und Werner Nass, 89 (Enkel von Manfred Goldmeier) – allesamt Lichtenfelser Führerscheininhaber – nterviewt wurden. Inge Stanton war im November 1938 ein 9-jähriges Kind und erlebte die Schrecken der Novemberpogrome am eigenen Leibe. Werner Nass war sechs Jahre alt, als er und seine Familie vor den Nazis aus LIchtenfels in die USA flohen. Die Erinnerungen und Perspektiven von Inge und Werner als Holocaust-Überlebende waren für das Dokumentarprojekt von unschätzbarem Wert.
In Lichtenfels fand die Produktion vom 30. Juli bis 8. August 2021 statt. Für die Dreharbeiten kam ein Weltklasse-Kameramann, Mark Raker, von New York Ciry nach Lichtenfels, um die Schüler und ihren ehemaligen Lehrer sowie die Archivarin Frau Goebel, 83, in Altenkunstadt und den Lichtenfelser Zeitzeugen Walter Maisel, 93, zu interviewen. Nach Abschluss der Dreharbeiten wird die Post-Production in New York stattfinden. Der Plan ist, das Video bis Ende 2021/Anfang 2022 fertigzustellen.
Wir leben in einer Welt, in der Antisemitismus auf dem Vormarsch ist und Hassworte alltäglich und akzeptabel geworden sind. Es waren hasserfüllte Worte, die den Holocaust entzündeten–ein dunkles Kapitel der Weltgeschichte, das leicht in Erinnerung verblasst. Das Video „13 Führerscheine“ soll an den Holocaust erinnern und zugleich zeigen, wie menschliche Verbindungen Leben und Wahrnehmungen über Kontinente und Zeit hinweg tiefgreifend verändern können. Die Botschaft, die das einzigartige Lichtenfelser Führerscheine-Projekt verkörpert und die das Video verbreiten will, ist die der Hoffnung und Versöhnung.
Zitate zu den Filmarbeiten:
Lisa Salko (Nachfahrin):
Englisches Original:
When it comes to the Holocaust and Remembrance, we must continue to tell the stories. I tell the story of “13 Drivers’ Licenses” to honor my family so that their enormous sacrifices were not in vain. I tell the story so that we never forget.
Deutsche Übersetzung:
Wenn es um Holocaust und Erinnerung geht, dürfen wir nicht aufhören, die Geschichten zu erzählen. Ich erzähle die Geschichte der „13 Führerscheine“, um meine Familie zu ehren, damit ihre enormen Opfer nicht umsonst waren. Ich erzähle die Geschichte, damit wir sie nie vergessen.
Ryoya Terao (Regisseur):
Englisches Original:
Ever since I heard about the 13 DL Project three years ago, I have been intrigued: No one knew what the research project would lead to. I think the timing was appropriate that 80 years after the November Pogrom, Lichtenfels and some of the Jewish descendants were ready to reconnect and to face the past. The bridge were youngsters, who were born around 2000. I believe this small Franconian town sets a great example that when there are good will and open dialog, there may be positive outcomes regardless of historically tragic crimes committed by predecessors. I’m honored to work on the film project and on this theme.
Deutsche Übersetzung:
Seit ich vor drei Jahren vom 13 DL Project hörte, war ich fasziniert: Am Anfang des Projekts wusste niemand, wohin die Forschung führen würde. Die Zeit–80 Jahre nach dem Novemberpogrom–war reif, dass Lichtenfels und einige der jüdischen Nachkommen bereit waren, in Verbindung zu treten und sich der Vergangenheit zu stellen. Die Brücke dazu waren junge Menschen, die um das Jahr 2000 geboren waren. Ich glaube, die fränkische Kleinstadt Lichtenfels ist ein gutes Beispiel dafür, dass mit gutem Willen und offenem Dialog auch nach historisch tragischen Verbrechen positive Ergebnisse erzielt werden können. Ich fühle mich geehrt, an dem Filmprojekt und an diesem Thema zu arbeiten.
Vinit Parmar (Produzent):
Englisches Original:
It is one thing to make history. It’s another to document how a tragic past can be reconciled by young Lichtenfels residents. So this film is an important part of the reconciliation process for Germans and Jews in America and around the world.
Deutsche Übersetzung:
Es ist eines, Geschichte zu schreiben. Es ist ein anderes, zu dokumentieren, wie junge Lichtenfelser eine tragische Vergangenheit aufarbeiten können. Dieser Film ist ein wichtiger Teil des Versöhnungsprozesses für Deutsche und Juden in Amerika und weltweit.
Mark Raker (Cinematographer):
Englisches Original:
In photographing 13DL I wanted the light that falls on the town and the people to not just reflect the condition of nature, but to reflect the condition of their souls. To bring out the hope and promise and healing that has been so bravely displayed.
Deutsche Übersetzung:
Beim Fotografieren von „13 Führerscheine“ wollte ich, dass das Licht, das auf die Stadt und die Menschen fällt, nicht nur den Zustand der Natur widerspiegelt, sondern auch den Zustand ihrer Seelen. Um die Hoffnung hervorzubringen und das Versprechen und die Heilung, die so tapfer offenbart wurden.
Elisabeth Gareis (Associate Producer):
Deutsches Original:
Das 13 Führerscheine-Projekt ist ein Paradebeispiel für Geschichtsaufarbeitung und erfolgreiche interkulturelle Kommunikation nach horrenden historischen Ereignissen. Die Freundschaften, die die Schüler mit den Nachkommen der überlebenden Führerscheinhalter geschlossen haben, zeigen wie Versöhnung auf individueller Ebene stattfinden und weite Kreise ziehen kann. Das Projekt inspiriert alle, die davon hören. Es ist deswegen unsere Hoffnung, diese Geschichte durch den Film so weit wie möglich zu verbreiten und vielleicht dadurch auch andere zur kreativen Erinnerungsarbeit und Versöhnung anzuregen.“
Für eine engere Zusammenarbeit in den Bereichen „Jüdisches Leben“, „Erinnerungsarbeit“ sowie in der Antisemitismus-Prävention: Dr. Ludwig Spaenle (re.), der Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, für Erinnerungsarbeit und geschichtliches Erbe, und Landrat Christian Meißner unterzeichneten einen entsprechenden Kooperationsvertrag. Foto: Landkreis Lichtenfels/Heidi Bauer
Antisemitismusbeauftragter Dr. Ludwig Spaenle und Landrat Christian Meißner unterzeichnen Kooperationsvertrag / Seminare und Unterstützung lokaler Initiativen geplant
LICHTENFELS (22.09.2020). „Wir dürfen nicht innehalten bei der Spurensuche und nicht nachlassen in der Erinnerungsarbeit. Dieser Kooperationsvertrag ist ein Schritt in die richtige Richtung – so können wir gemeinsam jüdische Geschichte aufarbeiten, Bildungsarbeit leisten und politische Fachfragen angehen“, betont Landrat Christian. „Mein ausdrücklicher Dank gilt dem Beauftragten der Bayerischen Staatsregierung für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, Dr. Ludwig Spaenle, für seine Unterstützung. Er ist ein Politiker, der Wort hält!“
Bei einem Besuch im Landkreis Lichtenfels hatte Dr. Spaenle im März eine diesbezügliche Zusammenarbeit angeregt. Anfang dieser Woche unterzeichneten er in seiner Funktion als Beauftragter der Bayerischen Staatsregierung für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, und Landrat Christian Meißner stellvertretend für den Landkreis Lichtenfels einen entsprechenden Kooperationsvertrag. Sie beurkundeten damit eine enge Zusammenarbeit in den Bereichen „Jüdisches Leben“, „Erinnerungsarbeit“ sowie in der Antisemitismus-Prävention. Die Kooperation soll dazu verhelfen, gemeinsame Zielsetzungen effektiver zu verfolgen, und ihre Anliegen sowie Angebote besser bekannt zu machen.
Spurensuche weiterführen
Landrat Christian Meißner stellt heraus: „Der Landkreis Lichtenfels hat eine lange jüdische Geschichte, um deren Aufarbeitung sich viele Initiativen, Schulen und Einzelpersonen, allen voran Bezirksheimatpfleger Dr. Günter Dippold, und der verstorbene Heimatforscher Josef Motschmann, verdient gemacht haben. Besonders auch das mehrfach ausgezeichnete Projektseminar ‚13 Führerscheine – Dreizehn jüdische Schicksale‘ am Meranier-Gymnasium hat uns allen noch einmal vor Augen geführt, wie Erinnerungsarbeit aussehen kann, wie wichtig sie ist und wie sie Menschen über Religionen und Kontinente hinweg verbinden kann.“
Weiter unterstreicht der Landrat: „Wir möchten die Spurensuche weiterführen, die wir begonnen haben. Gerade mit Blick auf aktuelle politische Entwicklungen ist eine Erinnerungskultur, die Bewusstseinsbildung für heutige und kommende Generationen, wichtiger denn je. Als Landkreis möchten wir entsprechende Initiativen fördern und damit zur Prävention und Aufklärung gegen antisemitische Einstellungen beitragen. Es freut uns außerordentlich, dass wir dafür so prominente Unterstützung von der bayerischen Staatsregierung erhalten.“
Der Landkreis Lichtenfels ist mit seinem großen Engagement zur Dokumentation jüdischen Lebens bayernweit ein Vorbild für die Erinnerungsarbeit.
Dr. Ludwig Spänle
Dr. Ludwig Spaenle sagte anlässlich der Unterzeichnung: „Der Landkreis Lichtenfels ist mit seinem großen Engagement zur Dokumentation jüdischen Lebens bayernweit ein Vorbild für die Erinnerungsarbeit. Bereits heute arbeiten hier Einzelpersönlichkeiten, aber auch Schulen die Geschichte des reichhaltigen jüdischen Lebens im westlichen Oberfranken auf, beschäftigen sich auch mit der Shoah und suchen nach Wegen, dem neuerlich wachsenden Antisemitismus wirkungsvoll entgegenzutreten. Der Landkreis macht mit der Kooperation deutlich, dass ihm diese Tätigkeit ein zentrales Anliegen ist. Ich würde mich sehr freuen, wenn weitere Landkreise diesem einmaligen Beispiel folgen.“
Gemeinsam tätig sein werden die Kooperationspartner vor allem auf folgenden Gebieten
- gemeinsame Veranstaltungen (Seminare, Vortragsveranstaltungen etc.), schwerpunktmäßig zu den Themen Antisemitismus und Jüdisches Leben;
- Tätigkeit als Referenten (durch den Beauftragten und seine Mitarbeiter);
- Förderung und Unterstützung von Schulprojekten und lokalen Initiativen im Bereich der Erinnerungskultur und des jüdischen Lebens;
- Beratung und fachliche Unterstützung in Fragen der gemeinsamen Themen durch den Beauftragten und seine Mitarbeiter.
Hintergrund
Der Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, für Erinnerungsarbeit und geschichtliches Erbe ist ressortübergreifend tätig und arbeitet hierzu mit allen Staatsministerien und der Staatskanzlei zusammen. Er regt Maßnahmen an und unterstützt bei Aufgaben, um das jüdische Leben in Bayern zu fördern und zu würdigen, um jede Form des Antisemitismus zu bekämpfen und präventiv entgegenzuwirken sowie die Erinnerungsarbeit und die Pflege des historischen Erbes zu stärken.
Zeigte sich beeindruckt von der Ausstellung in der Altenkunstadter Synagoge und der Erinnerungsarbeit, die beim Projektseminar „13 Führerscheine – Dreizehn jüdische Schicksale“ am Meranier-Gymnasium Lichtenfels geleistet wurde: Dr. Ludwig Spaenle, der Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, den Landrat Christian Meißner (Mitte) zu einem Besuch eingeladen hatte. Weiter im Bild: der Altenkunstadter Bürgermeister Robert Hümmer (2.v.re.), Studiendirektor Manfred Brösamle-Lambrecht (2.v.li.) vom Meranier-Gymnasium Lichtenfels und Inge Göbel.
Foto: Landratsamt Lichtenfels/Heidi Bauer
Antisemitismusbeauftragter der Staatsregierung würdigt Erinnerungsarbeit im Rahmen des MGL-Projektseminars „13 Führerscheine – Dreizehn jüdische Schicksale“ und Ausstellung in der Altenkunstadter Synagoge
LICHTENFELS/ALTENKUNSTADT (11.03.2020). „Es ist sehr bemerkenswert, was Sie hier geschaffen haben. Das verdient großen Respekt“: Sehr beeindruckt von der Erinnerungsarbeit im Rahmen des Projekts „13 Führerscheine – Dreizehn jüdische Führerscheine“, für das Abiturienten des Meranier-Gymnasiums Lichtenfels (MGL) im März 2019 mit dem Bayerischen P-Seminar-Preis ausgezeichnet wurden, als auch von der Ausstellung in der ehemaligen Altenkunstadter Synagoge zeigte sich der Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, Dr. Ludwig Spaenle, am Dienstag bei seinem Besuch in der Altenkunstadter Gedenkstätte.
Er folgte einer Einladung von Landrat Christian Meißner zu einem Ortstermin und das Gespräch brachte positive Nachrichten: Dr. Ludwig Spaenle möchte einen Kooperationsvertrag mit dem Landkreis Lichtenfels für eine Zusammenarbeit in punkto jüdische Geschichte und Kultur, Bildungsarbeit und politische Fachfragen (Antisemitismus) schließen. Der Landrat war sehr erfreut über diese Pläne: „Wir dürfen nicht inne halten bei der Spurensuche und nicht nachlassen in der Erinnerungsarbeit. Wir wollen fortführen, was wir mit dem Projekt ‚13 Führerscheine – Dreizehn jüdische Schicksale‘ begonnen haben.“
„Lokalgeschichte aufarbeiten“
In der Ausstellung in der ehemaligen Altenkunstadter Synagoge wird auch der Lebensweg von Margot Wolf nachgezeichnet, deren Vater, Leo Wolf, ehemals Inhaber eines der Führerscheine war, die im Landratsamt bei Aufräumarbeiten im Zuge der Digitalisierung 2017 gefunden worden waren, erläuterte Studiendirektor Manfred Brösamle-Lambrecht, der das Seminar betreut hatte. Die Papiere waren jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern 1938 entzogen worden. Das Projekt ist auf Anregung von Landrat Christian Meißner entstanden, der der Ansicht war: „Wir müssen uns unserer Vergangenheit stellen und die Lokalgeschichte aufarbeiten – gerade jetzt mit Blick auf die aktuellen politischen Entwicklungen.“
Bewegende Spurensuche
Im Rahmen des Projekts hatten die Gymnasiasten die Lebenswege der früheren Führerscheininhaberinnen und –inhaber nachgezeichnet und in einer inzwischen international zu sehenden Ausstellung die zum Teil tragischen Schicksale aufgezeigt. Die Spurensuche führte auch nach Nord- und Südamerika sowie nach Israel, wo die Schüler die Nachkommen aufspürten, die zur Eröffnung der Ausstellung in den Landkreis kamen. Inzwischen sind daraus tiefe Freundschaften entstanden. „Es ist unglaublich, was dieses Projekt bewegt hat“, unterstrichen Landrat Meißner und Studiendirektor Brösamle-Lambrecht. Inzwischen wurde auf Initiative von Lisa Stalko und Inge Stanton, Urenkelin und Enkelin eines der ehemaligen Führerscheininhaber, die Ausstellung unter anderem auch im Jewish Heritage Museum in New York gezeigt.
Neuer „Smartguide“
Beim Rundgang mit Dr. Ludwig Spaenle durch die ehemalige Altenkunstadter Synagoge erläuterte Inge Göbel den Gästen die Geschichte und verschiedene Exponate. Sie hat auch die Meranier-Gymnasiasten bei ihren Recherchen mit unterstützt. Gerade junge Menschen, die hierher kämen, seien immer sehr betroffen, wenn ihnen bewusst werde, welch furchtbare Gräueltaten während des Dritten Reiches auch in unserer Region geschehen sind. Die Altenkunstadter Synagoge, ein Sandsteinquaderbau aus dem Jahr 1726, war über 200 Jahre lang kultureller und religiöser Mittelpunkt der jüdischen Gemeinde in Altenkunstadt. Sie wurde in der Reichspogromnach 1938 verwüstet und in den Jahren 1989-93 renoviert. Seither ist sie Begegnungs-, Kultur- und Gedenkstätte.
Der Altenkunstadter Bürgermeister Robert Hümmer stellte heraus, dass es seit vergangener Woche auch einen „Smartguide“, eine interaktive Führung, durch die Dauerausstellung im Museum gibt. Dieser ist mit jedem internetfähigen Endgerät nutzbar. Aufgeteilt auf 24 Stationen gibt es umfassende Informationen zu den jeweiligen Ausstellungsstücken, ließ der Rathauschef wissen. Dem Gast überreichte er ein Buch über Altenkunstadt als Dankeschön.
Für die Ausstellung und den neuen Smartguide zollte Dr. Ludwig Spaenle den Altenkunstadtern „großen Respekt“.