Max Hellmann

Max Hellmann wird am 24. November 1889 als Sohn des Kleinhändlers Sigmund Hellmann und dessen Ehefrau Philippine, geb. Freudenthal, in Altenkundstadt geboren. Der Vater beliefert Bauern und Kleinbetriebe der Umgebung en détail mit Schmierstoffen (Ölen und Fetten). Von der nichtjüdischen Bevölkerung wird er abwertend „der Schmierjud“ genannt. Max lernt beim Vater und arbeitet im Geschäft mit.

Anfang 1916 wird er eingezogen und als Infanterist in Frankreich eingesetzt. Er nimmt an mehreren Gefechten teil. Am 15.6.1917 erleidet er schwere Verwundungen an Gesicht, Hals, Brust und linkem Oberschenkel durch Granatsplitter, später noch einen Steckschuss in der rechten Brusthälfte. Er erhält das Verwundetenabzeichen. Die Narben bleiben.

Vom Kleinhändler zum Ladeninhaber

Max heiratet im Jahr 1919 Katinka, geb. Erlanger. Aus der Ehe geht 1920 der Sohn Siegfried hervor. Er wird später auf abenteuerlichen Wegen entlang der Donau vor dem Nazi-Regime fliehen und in Tel Aviv ein neues Leben beginnen.

Die Familie lebt im kleinen elterlichen Haus in Altenkunstadt. Max Hellmann übernimmt das väterliche Geschäft – auch der Spitzname „Schmierjud“ geht auf ihn über. Mit einem vorne und hinten schwer bepackten Fahrrad fährt er die Dörfer der Umgebung ab und verkauft Schmierstoffe an Bauern und Betriebe.

Die Lebensumstände der Familie Hellmann dürften wie bei den meisten jüdischen Kleinhändlern – eher kümmerlich gewesen sein, der berufliche Alltag hart.

Da scheint es 1937 das Glück gut zu meinen mit Max Hellmann: Ein Achtellos in der Lotterie bringt ihm einen Gewinn im niedrigen fünfstelligen Bereich. Endlich kann er das ersehnte Ladengeschäft zu eröffnen. Er kauft das Anwesen Bamberger Straße 25 in Lichtenfels, zieht mit seiner Familie in die Kreisstadt und richtet ein Fachgeschäft für Schmierstoffe ein. Im Mai 1938 erwirbt er den Führerschein Klasse IV für vierrädrige Kleinfahrzeuge.

1938 ff.: Entrechtung und Ausgrenzung

Trotz aller Schikanen ist bis 1938 ein einigermaßen geregeltes Leben noch möglich. Dies ändert sich mit den Novemberpogromen von 1938.

Max Hellmanns Geschäft wird am frühen Morgen des 10. November 1938 geplündert und verwüstet. Er selbst wird wochenlang in „Schutzhaft“ genommen. Enteignungs- und Zwangsmaßnahmen des Regimes führen in der Folge zur Geschäftsaufgabe und zum Verkauf der Immobilien. 1940 werden Max Hellmann und seine Frau zusammen mit den anderen Lichtenfelser Juden im heruntergekommenen „Judenhaus“ in der Judengasse 14 zusammengepfercht. Weitere Schikanen wie Ausgangssperren, Reiseverbote und Abgabepflicht für Winterbekleidung verschlimmern das Leben.

Wie Max Hellmann seinen Lebensunterhalt bestreitet, wissen wir nicht. Von anderen Juden ist bekannt, dass sie Zwangsarbeit in örtlichen Betrieben oder auf Bauernhöfen leisten mussten. Ein Zeitzeuge berichtet, er habe Katinka jeden Morgen zur Arbeit gehen sehen. Immer habe sie versucht, den gelben Judenstern auf ihrem hellen Mantel zu verdecken.

Die Inhaberin des Putzmachergeschäfts am Unteren Tor, Helene Sievers, berichtete in einem Brief 1946 an Max Hellmanns Sohn, dass Katinka Hellmann oft heimlich in der Mittagspause bei ihr gewesen sei, um zu reden. Am meisten habe sie das ihr unbekannte Schicksal ihres Sohnes gesorgt. Max und Katinka haben wohl nicht mehr erfahren, dass ihr Sohn sich retten konnte.

1942: „Lebet Wohl meine Lieben.“

Fünf Tage vor der Deportation schreiben Max und Katinka einen letzten Brief an Verwandte in der Schweiz. Solche Post wurde rigide zensiert, Negatives durfte nicht geschrieben werden. Zwischen den Zeilen aber dokumentiert er die verzweifelte Situation der Hellmanns:

Meine geliebte gute Kinder!

Mehr wie ein Lichtstrahl sind uns Eure so herzlichen Briefe, habt tausend Dank dafür, ja unsere gute Alice hatte es dieses mal ganz besonders gut erraten uns zu schreiben, denn bis lhr von Eurer Reise zurück kommt treten wir unsere verspätete Oster Reise an u. so war Euer Brief uns eine ganz besondere Freude. Sonst wäre er doch zu lange liegen geblieben bis wir zurück kommen. […] Gesundheitlich bin ich auch zufrieden, man muß es eben sein, u. ich lasse mich nicht so leicht gehen. Nun habt lhr nach langer Zeit Post von Euren Lieben bekommen, da freuen wir alle uns. Das Liebes Päkle kam leider heute immer noch nicht u. auch vom lb. Fritzle [der Sohn] warten wir täglich auf Post.

Nun aber Schluß für heute. Lebet wohl lhr meine Lieben, G‘tt behüte Euch, ich gedenke segnend Euer. Viele viele (?) Grüße und Küße von Eurer (?) Tante
Katinka

Lebet Wohl meine Lieben. Mehr kann heute nicht schreiben. Herzl. Grüße und Küsse Euer (?)
Onkel Max

Max Hellmann

Deportation und Ermordung

Am 25. April 1942 marschieren Max und Katinka Hellmann zusammen mit vier weiteren jüdischen Bürgern aus Lichtenfels im Morgengrauen zum Bahnhof. In Bamberg werden 103 Juden aus Oberfranken in den Deportationszug DA 49, aus Würzburg kommend, zugeladen. Am 28. April erreicht der Transport um 8.45 die südostpolnische Stadt Krasnystaw; zu Fuß müssen die insgesamt 955 Deportierten ins einige Kilometer entfernte Krasniczyn marschieren. Dort hat man tags zuvor das Ghetto freigemacht, indem man die jüdische Bevölkerung in die Todeslager verfrachtet hat.

Der weitere Weg von Max und Katinka Hellmann ist nicht mit letzter Sicherheit zu rekonstruieren. Unstrittig ist, dass sie wie alle Insassen des Zuges in den nächsten Wochen in einem der Vernichtungslager Sobibór oder Belzec ermordet wurden. Eine Quelle nimmt als wahrscheinlich an, dass die fränkischen Juden am 6. Juni 1942 in Sobibór starben.

In den Gaskammern dort wurde mit Kohlenmonoxid aus einem Verbrennungsmotor gemordet. Der Tötungsvorgang dauerte bis zu 15 Minuten. Es wird erzählt, die SS habe neben den Gaskammern Gänse gehalten. Ihr Schnattern sollte die Schreie der Sterbenden übertönen, damit die nächsten Opfer im Lager ruhig blieben.