Alfred Marx wird am 8. Mai 1903 in Oberlangenstadt als zweiter Sohn von Salomon und Johanna (genannt Hantchen) Marx geboren. Die Familie betreibt seit Generationen Handel mit Fellen und Häuten sowie mit Metzgereibedarf, Alfred erlernt das Gewerbe beim Vater.
Geschäftsmann in Lichtenfels
Ende 1927 zieht Alfred nach Lichtenfels um. Nach dem Tod des Vaters 1928 verlegen Alfred und sein älterer Bruder Sigmund das Familiengeschäft nach Lichtenfels und melden im Jahr darauf die Firma „Marx & Bäuml GmbH“ an. Beide leben mit ihren Familien im repräsentativen Anwesen in der Bamberger Straße.
1927 heiratet er die in Lichtenfels geborene Ellen Bamberger. Sie stammt aus einer angesehenen Korbhändlerfamilie. 1930 wird ihre Tochter Inge geboren, 1932 kommt ihre Tochter Hannelore zur Welt.
Pogromnacht im November 1938
Finanziell geht es der Familie gut, aber die zunehmende Diskriminierung und Schikanierung von Juden veranlasst Alfred Marx 1937 zu einer Reise nach New York, wo er sich nach zukünftigen Geschäftsmöglichkeiten erkundigt. Noch in diesem Jahr trifft er alle möglichen Vorkehrungen für die Auswanderung.
Eines Tages sieht Inge einen fremden Mann in dem Mercedes der Familie vorbeifahren. Sie rennt nach Hause zu ihrem Vater, der feststellen muss, dass sein Auto von den Nazis konfisziert wurde. Auch das hundert Jahre alte Geschäft der Familie, Marx & Bäuml GmbH, wird 1938 aufgelöst.
In der „Reichspogromnacht“ verstecken nichtjüdische Mieter im Haus der Familie die Kinder im Dachgeschoss. Inge, mit ihren acht Jahren die Älteste, hat die Aufgabe, ihre kleineren Cousins und Cousinen still zu halten. Währenddessen zerbrechen die Nazis jede Fensterscheibe im Haus, zerstören alles Geschirr und jedes Stück Glas, das ihnen in die Hände kommt.
1939: Flucht und Emigration
Im Sommer 1939 gibt Alfred der Familie seiner Schwägerin, den Oppenheimers, mehrere Pelzmäntel, die diese zusammen mit anderen Wertgegenständen außer Landes schmuggeln und nach ihrer Flucht als Starthilfe verkaufen wollen. Als dies von den Behörden entdeckt wird, muss Alfred überstürzt das Land verlassen, um einer Festnahme durch die GeStaPo zuvorzukommen.
Den weiblichen Familienmitgliedern (Ellen, Mutter Johanna Marx, Kinder) bleibt genug Zeit, ihre Besitztümer einzupacken. Ihr persönlicher Besitz (außer Wertgegenständen) soll in die USA verschifft werden, geht aber nach Kriegsausbruch in Holland verloren.
Am 30. 08. 1939 wird die Familie in England wieder vereint. Inge und Hannelore gehen zur Schule und werden bald zusammen mit ihrer Klasse aus London in eine sicherere Umgebung gebracht. Während Alfred und Ellen zusammen mit der Familie von Alfreds Bruder Sigmund in London bleiben, finden ihre Töchter Schutz in dem kleinen Dorf Knebworth, Hertfordshire.
1940: Erfolgreicher Neustart in New York
Als ihre Visa gültig werden, setzt die Familie auf einem der letzten Passagierschiffe nach Amerika über. Am 17. April 1940 erreichen sie New York, wo ihnen eine kleine Wohnung in Elmhurst, Queens zur Verfügung gestellt wird.
Inge und Hannelore gehen zur Schule. Alfred erhält mit Hilfe eines Verwandten einen Job in der Fellverarbeitung und Ellen findet eine Anstellung als Haushaltshilfe. Im Jahr 1946 erhalten beide die US-Staatsbürgerschaft.
Die Familie gewöhnt sich an ihr neues Leben, die finanzielle Situation der Familie verbessert sich. Alfred macht sich in seiner alten Branche erfolgreich selbstständig und gewinnt amerikanische wie europäische Geschäftspartner (u.a. die Lichtenfelser „Striwa“).
Alfred im Park nahe seinem Wohnaus in New York
Sein Erfolg als Unternehmer ermöglicht seiner Familie jetzt ein sorgenfreies Leben. Inge und Hanna besuchen Colleges. Alfred und Ellen verbringen den Rest ihres Lebens in New York, wo sie ihre Töchter heiraten und eigene Kinder großziehen sehen. Alfred stirbt am 11. Mai 1989 mit 86 Jahren, seine Frau Ellen überlebt ihn um vier Jahre.
Tochter Inge besuchte 2016 mit ihrer ganzen Familie Lichtenfels. Das ist es, was sie sagen wollte:
Schaut her, ich lebe. Hitler wollte jeden einzelnen Juden ausrotten. Hier bin ich, mit sechs Enkelkindern, mit zwei erfolgreichen Familien. Seht mich nur an. Und ich habe das Gefühl, dass die Juden wieder da sind, und ich erwarte, dass meine Familie erfolgreich ist, um einen Ausgleich für die Anne Franks zu schaffen, die nicht erfolgreich sein konnten, die es vielleicht gewesen wären, und viele wie sie. Du hast versucht, mich wie einen Käfer zu zertreten, und ich will klarstellen: Hitler, du hast es nicht geschafft.
Inge Marx