Stefan Zinn

Stefan Zinn wird als zweiter Sohn des Korbhändlers Sigmund Zinn und dessen Frau Doris, geb. Hopfmann, am 13.09.1890 in Lichtenfels geboren. Stefans Großvater Samuel war einer der Mitbegründer des später florierenden Lichtenfelser Korbhandels, der der Familie Zinn Reichtum bescherte. Der weit über die regionalen Grenzen hinaus bekannten Korbfachhandel hatte seinen Firmensitz in der Bahnhofstr. 5 in Lichtenfels.

Heranwachsen zum Unternehmenserben

Geschäftshaus der F. Samuel Zinn & Co. in der Bahnhofstraße; in den Fünfzigern abgerissen für den Bau des StriWa-Gebäudes

Samuel Zinns Sohn Sigmund war in seiner Heimatstadt ein vielfach engagierter Mensch. Sowohl bei der Feuerwehr als auch bei der Turnerschaft war er in führender Position tätig und hochgeschätzt.

Stefan Zinn erhält eine gute schulische Ausbildung, erlernt Englisch und Französisch, bevor er als Kaufmann für die Firma seiner Eltern arbeitet. Im 1. Weltkrieg wird er im April 1915 zum Militärdienst eingezogen. Anfangs als Infanterist an der Front, dient er bald als Schreibhilfe und dann als Dolmetscher im Kriegsgefangenenlager Würzburg.

„Fabrikdirektor“

Wohl Anfang der 20er Jahre übernehmen Stefan und sein drei Jahre älterer Bruder Paul die Geschäftsleitung der Firma.

Am 1. Februar 1925 heiratet Stefan die 14 Jahre jüngere Berta Steinhäuser, die Tochter eines wohlhabenden jüdischen Kaufmanns aus Bayreuth. Fünf Jahre später, am 5. Februar 1930, kommt die erste und einzige Tochter Lieselotte zur Welt.

Die Familie bewohnt gemeinsam mit der Familie des Bruders eine repräsentative Villa nahe des Firmengebäudes.

Naziterror ab 1933

Ihre gesellschaftliche und wirtschaftliche Stellung schützt die Familie nicht vor dem zunehmenden NS-Terror. In der „Reichskristallnacht“ dringen organisierte NS-Schlägertrupps in die Wohn- und Geschäftsräume ein und verwüsten, was sie finden. Tochter Lieselotte versteckt sich in dieser Nacht auf dem Dachboden. Stefan wird grundlos arretiert und für drei Wochen „Schutzhaft“ ins KZ Dachau eingewiesen. Stefans Bruder Paul nimmt unter dem Eindruck des NS-Terrors am 10.11. Gift und stirbt wenige Tage später im Krankenhaus Hochstadt.

Die Firma wird unter dem NS-Druck aufgelöst, Stefan Zinn ist genötigt, die Immobilien der Familie weit unter Wert zu verkaufen. Stefan und Berta ziehen die Konsequenzen: Als erstes bringen sie ihr Kind in Sicherheit, indem sie Lieselotte zu persönlich nicht bekannten Verwandten nach New York schicken.

Am 22. April 1939 können sich Stephan und Berta Zinn in Southampton auf der „Nieuw Amsterdam“ einschiffen und treffen im Mai ihre Tochter in New York wieder.

New York: „Baskets of all descriptions“

Der Start in der neuen Welt ist auch für Stefan Zinn (jetzt Stephen) und Berta (jetzt Bertl) hart. Die mittellose Familie lebt anfangs mietfrei gegen Haushälterdienste beim verwitweten Jerome Cahn und seiner Tochter Jenet in Brooklyn, Kings.

Bertl verdient Geld als Chauffeurin, Stephen anfänglich mit Gelegenheitsarbeiten, bis er erfolgreich versucht, seine Erfahrung und sein Know How einzusetzen: Er eröffnet in Brooklyn, New York einen Korbhandel – „Baskets of all descriptions“. Mit der Zeit kommt die Familie so wieder zu Wohlstand.

Tochter Lieselotte (jetzt Lilo) heiratet Daniel Webster Braun und zieht nach New Jersey. 1950 bzw. 1952 kommen ihre Kinder Ronald und Linda zur Welt.

Stephen und Bertl Zinn mit Enkelkind, Anfang der 50er Jahre

Linda beschreibt ihren Großvater als stillen und zurückhaltenden Menschen. Stephen hatte bei Besuchen in dem Haus seiner Tochter und deren Familie in New Jersey stets Schokoriegel für seine Enkel dabei. Einer seiner Freunde besaß einen Süßwarenladen, welchen Stephen häufig mit seinen Enkeln besuchte, die sich dort heraussuchen konnten, was sie wollten. Er war ein liebevoller und großzügiger Großvater.

Im Juni 1974 stirbt Stephen Zinn in Brooklyn, Kings im Alter von 84 Jahren.