Berta Zinn

Berta Zinn wird am 9. März 1904 als jüngstes von drei Kindern von Max Steinhäuser und seiner Frau Mina in Bayreuth geboren. Die Familie des erfolgreichen Vieh- und Güterhändlers stammt aus Burgkunstadt.

Berta hat eine behütete Kindheit; nach der Volksschule besucht sie die vornehme Städtische Höhere Mädchenschule Bayreuth (heute Richard-Wagner-Gymnasium) und schließt sie 1920 erfolgreich ab.

Abschlussklasse der Höheren Mädchenschule 1920

Fabrikdirektorsgattin

Stefan Zinn

Am 1. Februar 1925 heiratet die 21 Jahre alte Berta den 14 Jahre älteren Stefan Zinn, der seit 1921 zusammen mit seinem Bruder Paul Zinn das renommierte, international tätige Korbhandelshaus Zinn in Lichtenfels leitet.

Die Familie Zinn ist eine der reichsten der gesamten Region, dabei auch gesellschaftlich engagiert und anerkannt. Dass Berta noch 1925 den Führerschein erwirbt, zeigt auch ihren gesellschaftlichen Status.

Fünf Jahre später, am 5. Februar 1930, kommt die erste und einzige Tochter Lieselotte zur Welt.

Nazi-Terror ab 1933

Ihre gesellschaftliche und wirtschaftliche Stellung schützt die Familie nicht vor dem zunehmenden NS-Terror. In der „Reichskristallnacht“ dringen organisierte NS-Schlägertrupps in die Wohn- und Geschäftsräume ein und verwüsten, was sie finden. Tochter Lieselotte versteckt sich in dieser Nacht auf dem Dachboden. Bertas Schwager Paul vergiftet sich in Panik und stirbt Tage später. Stefan wird drei Wochen lang in „Schutzhaft“ genommen.

Zuerst bringen Berta und Stefan ihre Tochter in Sicherheit: Lieselotte wird nach New York zu einem Verwandten geschickt. Die Eltern folgen im April 1939 nach.

Auch Bertas Eltern versuchen auszureisen, aber sie schaffen es nicht mehr. Beide werden 1942 zunächst in ein jüdisches Altersheim, dann nach Theresienstadt deportiert. Dort verliert sich die Spur des Vaters; die Mutter Mina wird 1944 nach Auschwitz geschafft.

New York; Aus Berta wird Bertl

Völlig mittellos, ist die Familie froh, im Hause des Witwers Jerome Cahn und seiner Tochter Jenet Cahn in Brooklyn, New York, mietfrei wohnen zu können; als Gegenleistung arbeitet Berta als Haushälterin und erzieht die junge Jenet, die in Lieselotte zudem eine Freundin fürs Leben findet.

Berta arrangiert sich. Sie amerikanisiert ihren Namen zu „Bertl“ und beginnt, als Chauffeurin in New York zu arbeiten.

Ihrem Mann, der sich jetzt Stephen nennt, gelingt es nach Jahren mit Aushilfsjobs, sein Know-How über Körbe zu nutzen: Er eröffnet einen Korbhandel. Die Familie erwirbt sich nach harten Jahren wieder Wohlstand.

Berta (mit Hund) und Lilo mit ihren Kindern, ca. 1953

Die erwachsene Tochter Lilo heiratet um 1949 Daniel Webster Braun und zieht nach New Jersey. 1950 wird Bertl erstmals, 1952 zum zweiten Mal Großmutter. Nach dem Tod ihres Mannes 1974 zieht sie in eine Altersredidenz in der Nähe ihrer Tochter.

Die Enkelin Linda Pfeifer beschreibt Bertl als eine Frau mit einer starken Persönlichkeit, so wie man es von einer Überlebenden eines solchen Schicksals erwartet. Außerdem erinnert sie sich an Bertls große Liebe zu Hunden: Bertl ohne Hund – das habe man eigentlich nie gesehen.

Bertl und Lilo kamen noch einmal nach Deutschland in ihre frühere Heimat zurück. Diese Reise empfanden beide als so aufwühlend und anstrengend, dass sie auf weitere Besuche verzichteten. Bertl Zinn stirbt 1997 im Alter von 93 Jahren.