Leo Banemann

Leonhard Banemann wird am 30.04.1896 in Burgkundstadt als Sohn von Hilda und David geboren. Er erlernt im väterlichen Geschäft den Beruf des Kaufmanns. Die Familie betreibt ein erfolgreiches kleines Unternehmen für Metzgereibedarf.

Im 1. Weltkrieg wird er zum Kanonier ausgebildet und von 1916-1918 an der Westfront gegen Frankreich eingesetzt. Er überlebt mehrere Schlachten unverletzt. Einige Zeit ist er bei den Luftschiffern als Schütze tätig.

Zusammen mit seinem Bruder übernimmt Leo 1918 nach dem Tod des Vaters das Geschäft. Seinen Führerschein, den er beruflich braucht, macht er am 29.06.1925.

Er heiratet 1924 Martha Liebermann aus Altenkunstadt; 1926 wird ihre einzige Tochter Edith geboren. Sie berichtet von einer unbeschwerten Kindheit, erinnert sich an Ausflüge nach Baden-Baden und Urlaubsreisen nach Italien. Der Familie geht es sehr gut. Sie ist voll im gesellschaftlichen Leben Burgkunstadts integriert.

Leben in der NS Diktatur

Dies ändert sich seit dem Beginn der NS-Diktatur: Zunehmende Repressionen gegen Juden führen immer mehr zu gesellschaftlicher Isolation; die jüdischen Familien Burgkunstadts und Altenkunstadts bleiben gezwungenermaßen unter sich.

In den Schulen werden jüdische Kinder in entwürdigender Weise diskriminiert: Edith Banemann muss alleine in der letzten Bank sitzen, nichtjüdischen Kindern wird der Umgang mit ihr verboten. Leo und Martha Banemann schicken ihre Tochter deshalb auf eine jüdische Schule in Nürnberg, wo sie bei einer Cousine ihrer Mutter lebt.

1937 reist Leo zu Freunden nach USA, auch um Möglichkeiten der Auswanderung aus Deutschland zu erkunden. Noch aber will er seine Existenz nicht aufgeben.

Den letzten Anstoß geben dann die Novemberpogrome („Reichskristallnacht“): In der Nacht zum 10.11.1938 wird das Haus der Banemanns von fanatisierten Nazis heimgesucht, am nächsten Tag wird Leo Banemann wie alle jüdischen Männer des Ortes als „Schutzhäftling“ in das Gefängnis in Hof verfrachtet – das eigentliche Ziel, das KZ Dachau, ist überfüllt. Erst nach Wochen werden die Männer entlassen. Jetzt ist klar, daß es in Deutschland keine Zukunft mehr gibt.

1939: Auswanderung in die USA

Als die Familie im April 1939 endlich die Möglichkeit hat, Deutschland zu verlassen, geht es auf der „Orinoco“ nach Kuba, da für das eigentliche Ziel, die USA, Wartelisten bestehen. Persönlicher Besitz (außer jeder Form von Wertgegenständen) darf mitgenommen werden, aber pro Person nur 10 RM an Geld.

Leos Familie hat Glück: Die „Orinoco“ ist das letzte Schiff, das die kubanischen Behörden noch anlegen lassen. Die „St.
Louis“ dagegen, auf der Leos Bruder Philipp und seine Familie reisen, wird abgewiesen und hat eine verzweifelte Odyssee um den halben Globus vor sich.

Von Kuba aus geht es nach einigen Monaten nach Florida und mit dem Zug nach Baltimore, wo die Kinder von Leos Schwester Nelly sie empfangen.

Erfolg nach schweren Jahren

Später arbeitet Leo in einem Kleidungsgeschäft, „Eleanor Dress Company“, als „Mädchen für alles“. Bald entwickelt er einen kleinen Handel mittels Bestellungen und Tür-zu-Tür-Verkauf von Kleidung. Nach und nach kommt die Familie durch harte Arbeit wieder zu Wohlstand.

Ein Auto wird angeschafft, das Haus in Randallstown, einer Vorstadt von Baltimore, ist bezahlt, im Sommer fährt man an die nahe See zum Strand. Gesellschaftlichen Anschluss findet die Familie in der jüdischen Gemeinde.

Am 29. Oktober 1964 stirbt Leo Banemann an einem Gehirnschlag. Seine Frau Martha lebt ein langes, aktives Leben bis in ihr 96. Jahr.

Edith heiratet Larry Goldschmitt und hat mit ihm zwei Kinder (Carol und Norman). Sie stirbt 91-jährig im Jahre 2019.

Leo war ein liebevoller Vater und Großvater, und er wäre sicher sehr stolz auf seine vier Ur-Enkel und drei Ur-Ur-Enkel.