Sigmund Marx

Sigmund Marx wird am 19. 03. 1899 in Oberlangenstadt als ältester Sohn von Salomon und Johanna (genannt Hantchen) Marx geboren. Die Familie betreibt seit drei Generationen Handel mit Fellen und Häuten sowie mit Metzgereibedarf, Sigmund erlernt das Gewerbe beim Vater. Die Familie nimmt rege am gesellschaftlichen Leben teil, Sigmund z.B. spielt Fußball im Oberlangenstadter Verein (im Foto untere Reihe erster von links).

Geschäftsmann in Lichtenfels

Nach dem Tod des Vaters 1928 verlegen Sigmund und sein jüngerer Bruder Alfred das Familiengeschäft „Marx & Bäuml GmbH“ nach Lichtenfels.

Anfang der dreißiger Jahre lernt er die hübsche Frieda Oppenheimer kennen und heiratet sie. Ihre Familie handelt in Lichtenfels erfolgreich mit Stoffen und Kleidung.

Am 2. Februar 1936 kommt die gemeinsame Tochter Marion zur Welt. Die Familien der beiden Brüder wohnen in einer repräsentativen Villa in der Bamberger Straße.

1938 ff.: Nazi-Terror und Emigration

Während der Novemberpogrome 1938 zerstören Nazi-Horden Sigmunds Haus, nehmen ihm sein Auto weg und inhaftierten ihn. Kurz darauf wird die Firma Marx & Bäuml GmbH unter Zwang aufgelöst, die beiden Brüder werden genötigt, ihre Immobilien unter Wert zu verkaufen.

Sigmund erhält die zur Auswanderung nötige Bürgschaft für die USA („Affidavit“) von einem Verwandten eines seiner Kunden, den er persönlich nicht einmal kennt. Wie viel Glück er damit hat, kann man ermessen an seinem Briefwechsel mit seinem Geschäftspartner Chaim Rodoff aus Leipzig, der verzweifelt und letztlich vergeblich nach solchen Bürgschaften für seine Kinder sucht.

Im April 1939 wandert die Familie nach England aus. Für die Aufnahme von Juden in den USA bestehen kontingentierte Wartelisten; Sigmund, Frieda und Marion müssen elf Monate in England ausharren, wo sie Duldungsstatus haben.

1940: Neuanfang vom Nullpunkt

Am 16. Februar 1940 darf die Familie schließlich mit der „H.M.S. Newfoundland“ nach Boston reisen. Dieses Schiff wird später von einem deutschen U-Boot versenkt werden.

Die Familie Marx hat exakt zwölf Dollar Startkapital bei sich. Von Boston aus reisen sie nach Baltimore, dort bleiben sie für eineinhalb Jahre bei Verwandten. Nachdem ihnen die NS-Diktatur alles weggenommen hat, müssen sie in den USA völlig von vorne beginnen. Sie müssen sich nicht nur an den sozialen Abstieg gewöhnen, sondern auch an eine neue Sprache, eine andere Kultur und ein anderes Klima.

Schließlich finden sie mit Hilfe des Jewish Community Centers erste Arbeit als Hilfskräfte mit 15 Dollar pro Woche. Ihre Arbeitgeber sind ein Universitätsprofessor und seine Frau (eine Bildhauerin), in deren Haus sie einen Raum und ein Badezimmer bewohnen. Dafür halten sie das Haus in Ordnung und kümmern sich um die Autos.

Erst nach ein oder zwei Jahren wird es für die Familie Marx einfacher. Ein Cousin eröffnet in Newark, New Jersey, eine Fabrik zum Färben von Fellen. Sigmund hat Erfahrung auf diesem Gebiet und wird in dieser neuen Firma zum Geschäftsführer ernannt.

Die Familie zieht erneut um. Gleichzeitig absolviert Frieda einen Kurs an der Nähmaschine und findet auch bald entsprechende Anstellung. So baut sich die Familie durch harte Arbeit ein neues Leben auf, Amerika wird nach und nach zu ihrer neuen Heimat.

Für die Aufnahme in Amerika ist Sigmund zeitlebens sehr dankbar. In einem Interview mit seiner Enkelin bezeichnet er Amerika als „das beste Land der Welt“.

Früh verstirbt Frieda 1958 im Alter von nur 50 Jahren. Sigmund verbringt seinen Lebensabend in Verona, New Jersey, wo er am 23.01.1980 mit 81 Jahren stirbt.

15 Jahre später, am 15.05.1995, stirbt seine Tochter Marion, die als Krankenschwester gearbeitet hat. Sie hinterlässt drei Töchter, Debra, Lisa und Linda, die heute mit ihren Familien in Amerika leben.