Führerschein

und Auto in den 30er Jahren

Das Auto als Luxusgut

Eine entspannte Straßenszene – mitten auf der Coburger Straßein Lichtenfels. Man flaniert auf der Fahrbahn, offenbar hat niemand Angst vor einem Automobil. Denn die sind in den 30er Jahren noch sehr selten.

Coburger Straße Ecke Badgasse am 1. Mai 1934 – Finden Sie die Zapfsäule?

In den 30er Jahren kommt ein Auto auf 100 Einwohner, nur jeder Achzigste hat einen Führerschein. Heute hat der Landkreis Lichtenfels mehr Autozulassungen als Bewohner.

Ein Auto ist für einen Normalverdiener in den dreißiger Jahren unerschwinglich. Fünfzehn Monatslöhne eines Facharbeiters kostet ein kleiner Opel 1,2 L, wo man doch den Lohn fast vollständig zur Deckung der alltäglichen Kosten braucht.

Stolz und selbstsicher präsentieren sich Sigmund Marx und seine Frau Frieda auf dem Trittbrett eines Oberklasse-PKWs. Auch Bruder Alfred fährt einen großen Wagen, einen Mercedes.

Es wundert nicht, dass Juden unter den KFZ-Besitzern in Lichtenfels deutlich überdurchschnittlich vertreten sind: Viele gehören als erfolgreiche Kaufleute der gehobenen Schicht an, viele nutzen das Auto auch für ihre berufliche Tätigkeit.

Manfred Goldmeier macht dem Finanzamt gegenüber geltend, er sei mit seinem Fiat 905 im Jahre 1930 über 60.000 km gefahren (!). 1938 besitzt er zwei Autos, einen Hanomag und einen DKW. Jenny Kraus dürfte den Führerschein gemacht haben, um ihren herzkranken Mann bei seiner Tätigkeit als Viehhändler unterstützen zu können. Das Familienauto ist ein Opel 1,2 L.

Gleichheit, Neid und Rassenhass

„Gleichheit, Neid und Rassenhass“ – damit erklärt der Historiker Götz Aly den weit verbreiteten Antisemitismus in Deutschland.

Diese Motive zeigen sich deutlich im Vorgehen gegen jüdische Autobesitzer. Die Autos waren das erste, was sich die Nazi-Schläger in den Novemberpogromen 1938 nahmen. Der Vorstand des „Nationalsozialistischen Kraftfahrer-Korps“ (NSKK) triumphierte:

Juden am Steuer eines Kraftwagens im deutschen Straßenbild und Juden als Nutznießer der von deutschen Arbeiterfäusten geschaffenen Straßen des Führers wollten uns schon lange nicht mehr gefallen. Diese kraftfahrende jüdische Clique hat nun für immer und ewig auch das letzte Steuer aus der Hand geben müssen, das sie bisher noch in den Händen halten konnte. […] Wenn wir in Zukunft unser Kraftfahrzeug über Deutschlands Straßen steuern, […] – der Jude wird uns nicht mehr stören. Eine kraftfahrende deutsche Gemeinschaft wird endlich unter sich sein. Und das ist recht so.

Vorstand des Nationalsozialistischen Kraftfahrer-Korps

Umsetzung im Bezirksamt Lichtenfels