Manfred Goldmeier, geboren am 17.04.1879 in Memmelsdorf bei Ebern, lässt sich zusammen mit seinem Zwillingsbruder Arthur Goldmeier im Juli 1906 in Lichtenfels in der Bamberger Straße 33 nieder. Manfred ist verheiratet mit Helene Goldmeier geb. Kaufmann aus Altenstein, sie haben zwei Töchter: Hilde, geboren am 26.12.1904, später verh. Sternberg, sowie Florette, später verh. Nass, geboren am 04.05.1906.
Umtriebiger Kaufmann
Die Gebrüder Goldmeier betreiben die unterschiedlichsten Gewerbe in Lichtenfels. Manfred eröffnet 1904 einen Hopfen- sowie Viehhandel, 1905 einen Güterhandel, zusammen mit seinem Bruder 1908 einen Viehhandel und 1914 einen Immobilienhandel. Zudem kauft er für 35.000 Mark das Hochrein’sche Anwesen in der Bamberger Straße.
Die Geschäfte kommen während des Ersten Weltkrieges weitgehend zum Erliegen, Manfred leistet 1914-1918 Kriegsdienst. Anfangs an der Westfront, wird er ab 1917 vor allem an der rumänischen Front eingesetzt, u.a. in Schlachten am Arges, am Jalomita und an der Putna. Dafür erhält er das Eiserne Kreuz II. Klasse.
Kurz nach dem 1. Weltkrieg erwerben die Brüder Goldmeier die Aktienmehrheit an der Lichtenfelser Leimfabrik, die sie erweitern. 1924 meldet Manfred noch einen Pferdehandel an, 1927 einen Immobilienhandel. Im April 1930 übernehmen die Goldmeiers das Textil- und Konfektionsgeschäft der Familie B. Goldschmitt in der Bambergerstraße 69, das sie 1931 in der Wirtschaftskrise wieder schließen.
In dieser Krise haben die Brüder mit großen Verlusten zu kämpfen. Zum 1.1.1930 müssen sie ihr Viehgeschäft abmelden, ihr Auto verkaufen sowie Buchhalter und Knecht entlassen.
Die geschäftliche Entwicklung nach 1933 ist natürlich durch antisemitische Maßnahmen behindert, nimmt aber doch wieder Fahrt auf.
1938 ff: Novemberpogrome und Flucht
1938 hat dies ein Ende: Die Brüder werden gezwungen, ihre Immobilien weit unter Wert zu verkaufen. Die Geschäfte werden aufgelöst. Während der Novemberpogrome fliehen Manfred und Arthur nach Bamberg, um ihrer Verhaftung zu entgehen. Ab 6.12.1938 müssen sie mit den anderen Lichtenfelser Juden im „Judenhaus“ (Judengasse 14) leben.
Manfred weiß seine Kinder in Sicherheit: Hilde wartet seit 1938 in Menton, Frankreich, auf die Ausreise in die USA; dies zerschlägt sich, aber es gelingt die Flucht in die Schweiz. Manfreds Tochter Florette erreicht mit ihrer Familie die USA schon im November 1938.
Anfang April 1939 emigrieren Manfred Goldmeier und seine Frau Helene schließlich ebenfalls nach Menton / Frankreich. Am 18.05.1940 endlich gelingt die Überfahrt in die USA. Ihre Route führte mit der SS Champlain von Saint Nazaire Neves in Südfrankreich nach New York (an Bord sind auch Vladimir Nabokov und Hermann Kesten), wo sie am 27.05.1940 ankommen. Das Schiff wird auf der Rückreise versenkt.
Vom Kaufmann zum „Schammes“
Der Aufbau eines neuen Lebens ist für den 60-Jährigen naturgemäß schwer. Wohnung finden Manfred und Helene bei ihrer Tochter Florette in Binghamton/NY im ländlich geprägten Broome County. Dort leben auch die Kinder des Zwillingsbruders Arthur auf einem Hof. Das Leben ist arbeitsreich, der Broterwerb hart.
Aber es gibt in dieser Gegend geradezu eine Subkultur ausgewanderter jüdischer Viehhändler aus Süd- und Westdeutschland, an der auch die Lichtenfelser Familien teilhaben. Zudem haben Manfred und Helene natürlich ihre Kinder und deren Familien um sich.
Manfred lebt insgesamt 14 Jahre in Binghamton, ist „Schammes“ (Küster) der örtlichen Synagoge. Die Sommer über arbeitet er auch als Hausmeister im Sommergästehaus „Sunrise Farms“, das von den Familien seiner Töchter Florette und Hilde (jetzt „Hilda“) im nahe gelegenen Greene (Chenango County, NY) betrieben wird. Das Handeln kann er aber nicht lassen, dafür hat er viel zu gerne Umgang mit Menschen: Kleinere Immobiliengeschäfte betreibt er nebenher.
Seinen Zwillingsbruder Arthur sieht er zu seinem Bedauern nur selten: Arthur lebt in Vineland, New Jersey, mehr als 350 km entfernt.
Helene stirbt 1945 mit 67 Jahren an Krebs. Manfred erleidet am 9. September 1953 im Alter von 74 Jahren einen tödlichen Herzinfarkt. Beide liegen begraben in Conklin, Broome County, New York, auf dem Friedhof „Beth David Cemetry“.
Helene (Lenchen) Goldmeier V.l. Arthur Goldmeier, Lisa Goldmeier (Arthurs Enkelin), Manfred Goldmeier 1949