Theodor Nordhäuser wurde ermordet. Er hatte keine überlebenden Nachkommen, die über ihn Auskunft hätten geben können. Was wir von seinem Leben wissen, bleibt bruchstückhaft.
Leben als Kaufmann in Altenkunstadt
Er wird als Sohn des Lehrers Jonas Nordhäuser und dessen Frau Mathilde, geb. Langenberger, am 27.3.1882 geboren. Er hat eine vier Jahre ältere Schwester namens Mathilde, mit der er bis zu seinem Ende in einem gemeinsamen Haushalt lebt.
Mit 19 Jahren rückt er als Einjährig-Freiwilliger ein und verlässt das Militär als Gefreiter. Im Weltkrieg muss er an die Westfront und wird in mehreren Gefechten eingesetzt, bis er sich Ende 1914 eine hartnäckige Kniegelenksentzündung zuzieht, die letztlich 1917 zu seiner Entlassung führt.
Wann und wo er den Beruf des Kaufmanns erlernt, wissen wir nicht. Die Militärstammrolle von 1914 führt ihn bereits mit dieser Berufsbezeichnung. Er betreibt einen Detail- und Großhandel mit Spirituosen und Essig-Essenzen in Altenkunstadt. 1926 erwirbt er den Führerschein für Personenkraftwagen. Wir schließen daraus, dass er vor der Weltwirtschaftskrise 1930 ff. mit seinem Geschäft erfolgreich war.
Die 30er Jahre: Der Weg in den Ruin
In den Dreißiger Jahren aber gehen seine Geschäfte sehr schlecht. Inwieweit ihn die Weltwirtschaftskrise ruiniert, inwieweit Diskriminierungen als Jude Anteil am Niedergang haben, wissen wir nicht. Mehrfach steht er vor dem Konkurs, den er mit verzweifelten Anstrengungen zu verhindern versucht; 1936 kann er die Zwangsvollstreckung von Sozialabgaben nicht mehr abwenden. Man pfändet ihm sogar die Büro-Einrichtung.
Jahre als Zwangsarbeiter
Nachdem alle jüdischen Betriebe bis Ende 1938 geschlossen werden, werden die Juden zu Zwangsarbeit verpflichtet. Theodor kommt als Arbeitskraft auf den Bauernhof der Familie T.; die Nichte der Landwirtsfamilie ist damals 10 Jahre alt und erinnert sich heute noch an Theodor als sehr gutmütigen Menschen.
Ihren Erzählungen nach wird er im Hause gut behandelt und auch reichlich mit Essen versorgt, das er zum Großteil mit nach Hause nimmt, um seine Schwester mitzuernähren. Das bekommen fanatische Nazis mit, besonders eine Frau schikaniert Theodor täglich auf seinem Nachhauseweg. Als er dem Landwirt sein Leid klagt, stellt dieser die „Gretl“ mit den Worten zur Rede: „Ab heut hört das auf. Wenn du den Theo nicht in Ruh lässt, haab i di nei an Booch!“ (werfe ich
dich in den Dorfbach).
Deportation und Ermordung
Man weiß, dass in Altenkunstadt manche nichtjüdische Bewohner den Juden heimlich geholfen haben. Trotzdem ist die Lage der Juden verzweifelt. Die Geschwister Nordhäuser müssen zusammen mit anderen Juden Altenkunstadts in das überfüllte, heruntergekommen „Schusterhaus“ ziehen, das darüber hinaus noch gegenüber dem NSDAP-Parteilokal liegt. Übergriffe betrunkener Nazis sind an der Tagesordnung.
Am Vormittag des 25. April 1942 werden die Juden Altenkunstadts vom Dorfpolizisten zum Altenkunstadter Bahnhof abgeführt; ihr Weg wird sie nach Kraśniczyn in Ostpolen und von dort aus in eines der Vernichtungslager Sobibor oder Belzec führen. Theodor Nordhäuser stirbt mit 60 Jahren einen grausamen Tod in der Gaskammer.